„Dass Sie ALT- & Title-Attribute bei Bildern nutzen sollen, haben Sie aber schon gehört?“ schrie ich den Azubi an.

„Ja, Entschuldigung, ich war wohl etwas gedankenverloren“, antwortete kleinlaut der junge Mann.

„Sie scheinen sich recht häufig in ihren Gedanken zu verlieren. Unbekanntes Terrain für Sie?“

„Ich wollte doch nur…“

„Was wollten Sie?“, unterbrach ich ihn scharf.

„Sie rauben einem das Selbstvertrauen. Würden Sie meine Meinung ein wenig zu schätzen wissen…“

Oh, da hat wohl jemand seinen ganzen Mut zusammengenommen und wollte mir jetzt die Meinung geigen. Das konnte ich natürlich nicht zulassen.

„Natürlich schätze ich Ihre Meinung. Nur eben wesentlich weniger als die meine!“

„Mit Ihnen kann man nicht diskutieren. Sie bringen selbst keine Argumente und schreien alle anderen nur an“, mischte sich mutig eine ältere Mitarbeiterin ein. Das roch fast schon nach Meuterei.

„Wenn Gott gewollt hätte, dass ich mit Argumenten überzeuge, dann hätte er mir keine Mittelfinger geschenkt!“, brüllte ich sie an.

„Wissen Sie, wir machen hier alle fast täglich Überstunden und bekommen dafür noch nicht mal Lob“, bemerkte die Dame schon in einem viel leiseren Ton.

„Dass Sie hier täglich Überstunden machen dürfen, ist doch wohl Lob genug!“, schrie ich so laut ich konnte und lief purpurrot an.

„Wissen Sie was? Kommen Sie beide in mein Büro. Ist auch das letzte Mal.“ Ich hatte die Schnauze voll.

Nachdem ich auf dem Weg nach Hause noch einen Penner fast überfahren hätte und meine beiden Jungs und meine Frau zusammengeschtaucht habe, legte ich mich schlafen.

„Morgen ist Weihnachten, das Fest der Liebe.. So ein Unsinn!“ dachte ich noch, bevor ich eingeschlafen bin.

Ein lautes Geräusch riss mich aus dem Schlaf. Ich schreckte auf. Vor mir stand mein vor sieben Jahren verstorbener Partner, mit einer schweren Eisenkette am Fuß.

„Na Du alter Möchtegern-SEO?“ begrüßte er mich mit einem süffisantem Lächeln auf den Lippen.

„Das sagt der Richtige.“ Diese Antwort konnte ich mir nicht verkneifen, nachdem ER der größte Schwätzer der Menschheitsgeschichte war, ohne einen Schimmer von SEO zu haben. „Was soll die Kette?“, fragte ich. Irgendwie fand ich die Frage spannender, als die, wieso er mir als Toter erscheint.

„Das ist die Strafe für meine Unwissenheit und meine große Klappe“, antwortete er mir seelenruhig. „Du wirst dasselbe Schicksal erfahren, wenn Du Dich nicht gravierend änderst.“

„Ah, fahr zur Hölle. Oder wo Du auch immer herkommst“, ich drehte mich um und wollte mich wieder schlafen legen.

Mit einer schnellen Handbewegung schleuderte er mich gegen die Wand. Ich konnte mich nicht bewegen.

„Ich werde nicht zulassen, dass Dir das Gleiche widerfährt. Du wirst heute Nacht Besuch von 3 Geistern bekommen. Sie werden Dir zeigen, was SEO wirklich bedeutet.“

Bevor ich etwas sagen konnte, fiel ich herunter und der Geist meines Partners war weg. Etwas benommen legte ich mich schlafen.

Um 1 Uhr wurde ich geweckt. Neben mir saß ein verwahrloster Geist in Frauengestalt.

„Es ist so weit. Ich bin der Geist der vergangenen Weihnacht und werde Dir jetzt eine Geschichte erzählen. Hör gut zu:

Vor langer, langer Zeit (praktisch noch im vorigen Jahrtausend), lebte ein Entdecker namens Timothy John Berners-Lee am CERN-Institut. Er hörte von einem neuen, unbewohnten und ungezügelten Land, das hinter dem großen Ozean liegen sollte.  Der Boden des Landes solle schwarz und fruchtbar sein, genauso wie das Wetter sonnig und warm wäre. Es solle dort fischreiche Flüsse geben, Wälder voller Wild, und Berge voller Gold und Edelsteine. Im Vergleich zu der vollen und rückständigen alten Welt erschien Timothy dieses Land wie ein wahres Paradies. Also entwickelte und baute er sich ein neuartiges Schiff, das er nach seinen 3 Töchtern Wanda, Wera und Wilma – WWW nannte.

Sir_Tim_Berners-Lee
Sir Tim Berners-Lee, Wikipedia

Nach einer langen und gefährlichen Reise kam er in dem neuen Land an und taufte es nach seiner Mutter Interna – Internet. Die Kunde von dem neuentdeckten Land machte in der alten Welt schnell die Runde und sofort brachen viele Menschen auf, um ihr Glück in der neuen Welt zu suchen. Doch diese Welt war riesig, gefährlich und vollkommen unbekannt. Also begannen sich manche Menschen darauf zu spezialisieren, die neue Welt zu entdecken und sie den Neuankömmlingen zu zeigen und zu erklären. Die erfolgreichsten Entdecker und Anführer der Ankömmlinge in der neuen Welt hießen Lycos, FireBall, Yahoo, Excite und AltaVista. Bei der Entdeckung des Landes halfen Ihnen einheimische Tiere, die sehr schnell fliegen und die Gegend sichten konnten. Sie zähmten die Tiere und nannten sie Crawler oder Spider. Leider konnten die Tiere am Anfang nur allgemeine und sehr rudimentäre Beobachtungen und Titel weitergeben wie: „Im Norden Fluss“, „Im Osten Wälder“ oder „im Westen Berge“. Nichtsdestotrotz war auch das den Menschen bei ihrer Suche eine Hilfe und die Führer wurden immer wichtiger und mächtiger. Jeder, der in der neuen Welt etwas finden wollte, musste sie um Rat fragen, da sie sich praktisch als einzige auskannten. Die Entdecker wurden jedoch im Laufe der Zeit etwas träge und faul und ruhten sich auf ihren Erfolgen aus.

Bis eines Tages ein weiser weißer Ritter auftauchte. Sein Name war Google. Er hatte das besondere Talent, das was er sah, wunderschön in eine Karte zeichnen zu können. Die Verbindungen zwischen den einzelnen Punkten nannte er Backlinks, sie dienten ihm bei der Orientierung als Verknüpfungen und Empfehlungen. Die Beschreibungen der Reisenden  – diese nannte er PageRanks –  notierte er immer fleißig, damit die Nachfolgenden Reisenden von den Erfahrungen der vorherigen Besucher profitieren konnten. Er scharte ganz viele Diener um sich, die er SEO’s nannte und die ihm dabei halfen, die neue Welt zu entdecken und sicherer zu machen. Da er auch mit den Crawlern und den Spidern besser als seine Konkurrenten kommunizieren konnte, konnten ihm die Tierchen sehr viel genauer erzählen, um was für einen Wald, was für eine Stadt oder welche Flüsse es sich handelt. So wusste Google viel besser und genauer, wo man das findet, was man gerade sucht und braucht und hatte die neuesten Informationen parat. Die Menschen wandten sich von den alten Anführern verstärkt ab und suchten mehr und mehr den Rat bei Google. Je mehr Menschen in der neuen Welt ankamen, desto mehr Menschen fragten Google um Hilfe. So wurde Ritter Google immer mächtiger und mächtiger, bis ihm praktisch das ganze Land gehörte und er sich zum König krönen ließ.

Durch Googles Macht und Wissen wurden jedoch auch seine Mitarbeiter immer mächtiger und selbstbewusster. Mehr und mehr SEO’s wandten sich von Google ab und wollten ein eigenes Süppchen kochen.  Da Googles Macht von den Empfehlungen der Reisenden abhängig war, fingen sie an, sich die absurdesten Empfehlungen selbst auszudenken. Auf Basaren und Märkten ließen sie durch Mittelsmänner diese Empfehlungen bis zu Google durchsickern. Sie erzählten einfach überall herum: „in dem und dem Wald gibt es das allerbeste Wild“ oä, dabei haben dann dort die Schurken auf die ahnungslosen Opfer selbst gewartet und diese ausgeraubt. Immer mehr Räuber und Halunken bedienten sich dieser Methode. Da Google am Anfang nicht die guten von den schlechten Empfehlungen unterscheiden konnte, führte es viele der Ratsuchenden ins Verderben. Die Empfehlungen von Google führten die Menschen direkt in die Arme der bösen SEO‘s, die ihnen dann alles Hab und Gut raubten.  Die Menschen vertrauten Google immer weniger und bekamen immer mehr Angst.

Um dem vorzubeugen, hat Google nach und nach mehrere Gesetze verabschiedet an das sich jede Stadt und jedes Dorf, die Bewohner aller Wälder und die Siedler am jeden Fluss, die Bergbewohner und die Seemänner zu halten hatten. Insgesamt waren es über 200 Gesetze, Er ging gnadenlos gegen die Verstecke und Fallen der bösen SEO‘s vor und zerstörte viele von ihnen. Er sandte seine eigenen Mitarbeiter aus und schulte seine fleißigen Spider und Crawler immer besser, um die guten Empfehlungen von den schlechten unterscheiden zu können. Es war der personifizierte Kampf zwischen Gut und Böse. Google ließ den bösen SEO‘s die Wahl: sie konnten auf seiner Seite weitermachen oder sterben. Auch ihre Erfahrungen sollten mit in das Bewertungssystem einfließen, auch sie sollten sich an dem Kampf an der Seite von Google beteiligen. Denn am Ende ging es Google immer nur um das Wohlbefinden der Suchenden. Sie sollten möglichst einfach und unbeschwert zu dem Ort gelangen, der am besten ihrer Vorstellung entsprach. Google schien ein nobler König zu sein.

Um möglichst viele Informationen über die Orte und seine Besitzer zu bekommen, spionierte Google jedoch auch all die Menschen, die ihn um Rat gefragt haben, aus. Als diese dies erfahren haben, waren sie natürlich wütend. Alle waren aber so abhängig von König Google, dass sie nicht auf die Tipps und Ratschläge von ihm verzichten konnten. Es blieb ihnen nur übrig zu hoffen, dass König Google diese Macht nicht missbrauchen und/oder gegen sie selbst einsetzen würde…

Lesen Sie hier den zweiten Teil.